Gaza-Tragödie (2) vom 7.8.2014

Leserbrief

Auf Seite 2 der Ausgabe vom 6.8. kommt der in Tel Aviv lebende israelische Journalist gleich zweimal zu Wort. Einmal schildert er so ziemlich realistisch die derzeitige Situation in Gaza; sein daneben stehender Kommentar ist jedoch kaum auszuhalten: Da stehen Worte wie „Waffengang“, „Krieg“, „mehrere Millionen Israeli wurden Tag fĂŒr Tag mit Raketen terrorisiert“, es gĂ€be „strategische Planungen der Hamas“, „die Infrastruktur der Islamisten sei geschĂ€digt“, die Hamas will die Tore Gazas öffnen, um „aufrĂŒsten“ zu können und sie Israelis wollen nur „Ruhe an seinen Grenzen auf lange Zeit“. Das wird aber gleich wieder in Frage gestellt, weil ja aus Beton auch “Terrortunnel“ gebaut werden könnten. So ist die Sicht eines israelischen Journalisten oder besser Propagandisten, dem in den deutschen Medien bereitwillig und gegen Bezahlung Raum gegeben wird, die Deutschen von der RechtmĂ€ĂŸigkeit und dem hehren Ansinnen der Israelis zu ĂŒberzeugen und viele glauben auch daran, weil anders lautende Informationen kaum geliefert werden und man doch nicht etwa sein eigenes Gewissen belasten will!

Mich treibt aber die Situation in Gaza um: Ein seit Jahrzehnten unterdrĂŒcktes, gedemĂŒtigtes und mit gelegentlichen Luftangriffen terrorisiertes Volk in einem Ghetto wird nunmehr seit Wochen von Land, Luft und See bombardiert und beschossen und zwar wahllos immer mitten hinein. Menschen werden getötet und verwundet, WohnhĂ€user, Schulen und KrankenhĂ€user, Ver- und Entsorgungsbetriebe wurden und werden zerstört.  Jeder dort muss jeden Augenblick mit explodierenden Granaten neben sich rechnen, wenn er durch die TrĂŒmmerwĂŒste irrt. Sie haben keine Luftschutzkeller oder -bunker, in die sie sich flĂŒchten könnten. Es fehlt an Wasser, Essen, Unterkunft und Ă€rztliche Versorgung und selbst nach einer Feuerpause kann es jeden Augenblick wieder losgehen. Die völlige Hoffnungslosigkeit soll erzeugt werden, damit die PalĂ€stinenser von dort flĂŒchten und sich Israel weiter ausdehnen kann. Das ist das wirkliche Ziel der Regierung und auch das der meisten Israelis.

Die Art und Weise, wie Israel mit UnterstĂŒtzung westlicher Staaten die angestammte Bevölkerung behandelt, ist eine der Hauptursachen der Ressentiments und des Hasses der islamischen Bevölkerung im arabischen Raum gegen den Westen!

Diese Taten gegen die Menschlichkeit vor der gesamten Welt sind nur möglich, weil eine Reihe von Staaten gegenĂŒber Israel eine Vasallentreue bekunden, die den eigenen Werten Hohn sprechen. Wo bleiben unsere Gutmenschen? Hier hĂ€tten sie wirklich mal ein gerechtes BetĂ€tigungsfeld!

Die USA liefert Munition und die Deutschen U-Boote, wie gerade zu lesen war. Und irgendwelche Sanktionen gegenĂŒber Israel sind nicht einmal angedacht. Unsere Politiker machen sich mitschuldig an dem dortigen Geschehen!

In Laos hat der internationale Gerichtshof die frĂŒheren Machthaber fĂŒr die damaligen Massaker an der Bevölkerung verurteilt. Bei uns zerrt man 95jĂ€hrige fĂŒr angebliche Kriegsverbrechen vor 70 Jahren vor Gericht und in Gaza kann Herr Netanjahu straflos seine Vertreibungspolitik brutal verfolgen. Vielleicht erhĂ€lt er ja am Ende auch den Friedensnobelpreis wie einige seiner VorgĂ€nger, die letztlich die gleichen Ziele hatten.

Manfred Kuras