Cuxhaven, den 7. Februar 2009
Leserbrief zur Kolumne von Enak Ferlemann vom 4.2.2009
„Die Politik ist nicht verantwortlich„
Möglicherweise hat Herr Ferlemann den Text seiner Kolumne von der Parteizentrale der CDU erhalten. Anders kann ich mir seine Aussage, daß die Politik für die Finanzkrise nicht verantwortlich sei, nicht erklären. Immerhin hat er eine Banklehre absolviert und müßte es besser wissen.
Das Überschwappen der US-Finanzkrise auf Deutschland ist hausgemacht. Es waren vor allen Dingen die Landesbanken mit ihren Außenstellen in aller Welt, die die Giftmüllpapiere aus den USA voller Vertrauen auf die Bestnoten der amerikanischen Ratingagenturen gekauft haben und immer noch in ihren Büchern halten. Die Aufsichtsräte dieser Landesbanken waren mit vielen Politikern besetzt.
Schon in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD von 2005 ist unter „Finanzmarktpolitik“ ausdrücklich vermerkt, daß „Produktinnovationen und neue Vertriebswege nachdrücklich unterstützt werden müssen. Dazu sollten die Rahmenbedingungen für neue Anlageklassen in Deutschland geschaffen werden.“ Des weiteren steht dort, daß eine Finanzmarktaufsicht mit Augenmaß und in gleicher Weise wie in den anderen EU-Staaten angewendet werde soll. Die Politiker haben den Banken damit freie Hand für ihr Handeln gegeben und gleichzeitig der Aufsicht über die Banken Fesseln angelegt. Der Grundstein der von Ferlemann beklagten Mißwirtschaft und mangelnder Kontrolle haben die Politiker selbst gelegt!
Frau Merkel hat nach eigenen Angaben bereits beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm ihre Kollegen auf die Gefahren des Handels der Banken mit fragwürdigen Produkten hingewiesen und mehr Kontrolle und Transparenz angemahnt. Die anderen sollen darüber nur gelächelt haben. Aber was hat die Bundeskanzlerin daran hindern können, für deutsche Finanzinstitute entsprechende Regelungen zu treffen?
Angesichts dieser Tatsachen ist es schon mehr als unverfroren, die Politik von der Finanzkrise freizusprechen.
Aber anstatt die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und der Spielhölle namens Börse Zügel anzulegen, hat man für deren Handeln aus Gier blitzschnell an Hilfen und Bürgschaften fast 500 Milliarden € bereitgestellt, die nur über neue Schulden zulasten der Bürger finanziert werden können. Bankenbeteiligungen oder sogar Übernahme durch den Staat gegen Entschädigung der Anteilseigner anstelle von –soweit überhaupt volkswirtschaftlich erforderlich- wesentlich günstigeren Kauf zum Versteigerungspreis.
Jetzt will man sogar eine sogenannte „Badbank“ als bundeseigene Bank einrichten, die die Schrottpapiere nicht zum derzeitigen sondern zum weit höheren Preis von den Banken kauft, damit die Banken, die an sich pleite sind, so mit Geld versorgen, damit sie so weiter machen können wie bisher.
Von den unbedingt notwendigen Maßnahmen zu strengeren Regelungen der Banken als bisher ist noch nichts auf den Weg gebracht. Von den Finanzinstituten kann man noch immer alle diese Zockerprodukte kaufen und verkaufen wie bisher, die zu Manipulationen der Kurse Tor und Tür öffnen. Stattdessen hat man Konjunkturpakete I und II geschnürt, die lediglich die Wahrnehmung der Krise beim Volk verschieben und wo viele Maßnahmen finanziert werden, die nur vorgezogen werden und ggf. sogar nicht notwendig sind. Vieles wird deswegen nur gemacht, weil subventioniert wird. Aber es handelt sich immer um Geld der Allgemeinheit, das mit Zinsen zurückzuzahlen ist. Das vergessen dann viele Politiker. Hauptsache die nächste Wiederwahl ist nicht gefährdet.
Das dicke Ende kommt bestimmt.
Ich habe einen Gesetzesvorschlag vom November 2008 an alle Parteien- direkt auch an Ferlemann- geschickt , der darauf abzielt, daß die Provisionen und Bonis, die zu dieser Finanzkrise geführt haben voll besteuert werden sollen. Damit würde diesen gierigen Leuten wenigstens die Beute in Milliardenhöhe entzogen, mit der sie uns geschädigt haben. Aber hier fehlt der politische Wille zum Handeln, denn man kennt sich ja untereinander. So wie Albert II. von Monaco, der vom CDU-Politiker Rüttgers dieser Tage begrüßt wird und sich ins Gästebuch der Landesregierung von NRW eintragen darf, obwohl es sich um einen der größten Beihelfer für den Steuerbetrug der Superreichen handelt. Auch dafür ist die Politik natürlich nicht verantwortlich! Weiter so!
Etwas Nachdenkenswertes am Schluß von Frau Merkel: „Es geht das Gerücht herum, daß ein Staat nicht pleite gehen kann. — Das Gerücht stimmt nicht.“
Manfred Kuras