Betreff: WG: Elbvertiefung und Ferlemann, CN vom 4. und 16. April 2012
Sehr geehrte Damen und Herren,
       in den CN vom 4. April sehr ausführlich und differenziert über den Schlag ins Gesicht der Gegner der weiteren Elbvertiefung berichtet worden. Ich finde es gut, daß sich die Heimatzeitung engagiert diesem Thema widmet.
Eine Zustimmung zur Elbvertiefung durch Niedersachsen war keineswegs sicher und es sprechen eine Menge gute Argumente dagegen. Umsomehr hat viele und auch mich die Zustimmung zum jetzigen Zeitpunkt überrascht.
Entgegen den Beteuerungen und Außendarstellungen niedersächsischer Politiker wird der Wille der überwiegenden Bevölkerung ignoriert und Hamburger Interessen untergeordnet.
 Das ist nicht das erste mal. Schon 1962 beim Neuwerk-Vertrag hat sich die damals SPD-geführte nieders. Regierung von Hamburg über den Tisch ziehen lassen und das Neuwerk-Gebiet gegen den Amerika-Hafen getauscht. Während Hamburg freie Hand in Neuwerk hatte – und hat -, hat sich Hamburg die Bauhoheit im Amerika-Hafen vorbehalten. Und deswegen passierte dort auch nichts. Nun hat diese Handlungsweise ihre Fortsetzung gefunden: Hamburg setzt sich immer durch – es wird wohl von den Politikern als Naturgesetz hingenommen und den Menschen auch so verkauft. Hannover konnte nicht anders entscheiden, sagt Herr Bielefeld. Dann frage ich mich: Was soll dann das ganze Theater? Wozu brauchen wir überhaupt eine Landesregierung? Auch die SPD und die Grünen in Hannover, die sich gegen die Vertiefung aussprechen, betreiben nur Opposition aus durchsichtigen Motiven. Sie hätten sich lieber bei ihren Hamburger Parteigenossen dafür einsetzen sollen, daß sich diese gegen die Elbvertiefung aussprechen; aber die haben ganz anders votiert. Wo bleibt da die Glaubwürdigkeit?
Völlig unerfindlich ist mir, wie die Politiker den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven mit all den noch durchzuführenden Folgemaßnahmen noch rechtfertigen wollen? Der ist doch jetzt völlig überflüssig! Nicht umsonst ist Hamburg aus diesem Projekt ausgestiegen. Hamburg gönnt anderen nichts, es will alles nur für sich! Hamburg braucht auch nur 25 % der ersten Kosten der Elbvertiefung bezahlen – die Unterhaltungsbaggerei auf die dann geltende Tiefe ist allein Sache des Bundes – ein tolles Geschäft. Aber so haben es die Hamburger schon immer gehalten. Was sagte noch der damalige Wirtschaftssenator Kern: „Hamburg mut leben, allns anners ist Quatsch!“ Ja, solche Politiker haben wir hier nicht in Niedersachsen, die konsequent die Interessen der Niedersachsen gegen überzogenen Forderungen anderer durchsetzen.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich bin nicht gegen Maßnahmen im Interesse der Allgemeinheit, aber die weitere Elbvertiefung gehört nicht dazu.
Eine ganz besondere Rolle spielt hier offenbar Enak Ferlemann: Ein fleißiger, begabter und eloquenter Redner, der ohne schriftliches Konzept eine halbe Stunde über allgemeine politische Themen reden kann – beneidenswert. Er ist ein treuer Vasall seiner Kanzlerin Merkel und seines Ministers Ramsauer, der schon frühzeitig seine Sympathie für die Elbvertiefung zu erkennen gab. Aber vertritt er auch die Interessen derer, die ihn in den Bundestag gewählt haben? Natürlich soll er auch das Allgemeininteresse des deutschen Volkes berücksichtigen und ist auch nicht an Weisungen gebunden und nur seinem Gewissen verantwortlich. Aber verhält er sich auch so? Jeder möge das selber prüfen. Natürlich ist das in seiner Person nicht leicht – einerseits als Bundestagsabgeordneter – andererseits als quasi politischer Beamter -, wie entscheidet man sich da bei Gegensätzen? Schon von daher ist dieses Kunstprodukt „Parlamentarischer Staatssekretär“ m.E. per se grundgesetzwidrig, denn es widerspricht dem Prinzip der Gewaltenteilung. Dieses hochdotierte Amt erhalten ja vor allem treue Parteisoldaten und das ist u.a. Enak Ferlemann zweifellos. Pech hatte hingegen MdB Erika Steinbach, die diesen Titel auch erhalten sollte, wenn sie denn auf den Beirat in der Stiftung für Flucht und Vertreibung verzichten würde. Da sie das nicht sofort tat, wurde sie es auch nicht. Das wäre Ferlemann nicht passiert!
Seine Kolumne vom 4. April „Wir geben der Jugend eine Perspektive“ ist Gesundbeterei pur: Da freut er sich über Einwanderer aus Südeuropa, der vorbildlichen Krisenbewältigung Deutschlands in der Euro-Zone, obwohl die Krise nur verschleppt wird; die zwar geringeren, aber dennoch neuen Schulden trotzt sprudelnder Steuereinnahmen und einem Schuldenberg von zwei Billionen €; die Inaussichtstellung eines ausgeglichenen Haushalts bis 2016, natürlich ohne Berücksichtigung der fällig werdenden Defizite und Bürgschaften aus der Finanz- und Währungskrise und nur, wenn die Wirtschaft weiter so läuft. Aber bis dahin war wieder eine Bundestagswahl und der Wähler hat die Versprechungen bis dahin sowieso vergessen. Ja, man muß schon sehr optimistisch (blind vertrauend) sein, wenn man weiter auf Ferlemann baut.
Persönlich hat mich Ferlemann enttäuscht, als ich ihn im März 2010 bat, den Abriß der Überdachungsständer auf der Gleisseite zu verhindern und den alten Zustand wieder herzustellen. Darauf hat er trotz nochmaligem Bitten nicht reagiert, obwohl er in seinem Amt wirklich etwas hätte tun können. Jetzt haben wir dieses völlig hässliche Bild, das sich dem Ankommenden bietet, wo es hätte ohne großen Aufwand so schön sein können, wie z.B. in Stendal.
Auf seiner Homepage sagt Ferlemann: Nutzen Sie die Möglichkeit Ihre Fragen, Anregungen aber auch Kritik an mich weiterzugeben.
Das habe ich hiermit getan.